In der Tat, die Vorweihnachtszeit ist gekommen. Zwar ist es meiner Meinung nach erst ab dem ersten Advent wirklich so weit, aber laut unserer Konsumgesellschaft ist dies mit der Öffnung der Weihnachtsmärkte soweit. Wenn man dem Einzelhandel Glauben schenken darf, ist bereits Ende September die Vorweihnachtszeit gekommen, immerhin kann man schon das gesamte Spektrum der weihnachtlichen Genussmittel erwerben. Wer kennt das nicht, da liegt man bei angenehmen 25 Grad im Garten und denkt sich "Verdammt, ich brauch' jetzt unbedingt einen Glühwein und Spekulatius".


Jedenfalls rast nun Weihnachten unaufhaltsam auf uns zu und ehe man sich fragen kann, was das helle, immer größer werdende Licht im Tunnel ist, wird man auch schon vom Fest der Liebe erschlagen. Der Begriff "Liebe" wird hier auch sehr dehnbar ausgelegt, aber dazu kommen wir später noch.


Nun wird es wieder Zeit, Familie und Freunden von Herzen kommende Geschenke zu machen, die im besten Fall beim Beschenkten für Freude sorgen. Vielleicht gerade noch so für gespielte Freude, aber alles darunter ist definitiv ein Fehlschlag. Und da liegt der Hase im Pfeffer (das wollte ich schon immer mal schreiben :D): Ich bin sowas von unkreativ, was Geschenke angeht. Mir wurde mal gesagt "Schenk' den Leuten Sachen, die ihnen fehlen". Ok, danke für diese Weisheit. In diesem Fall würde ich bei weiblichen zu Beschenkenden dazu tendieren, mich selbst zu verschenken, aber das würde wahrscheinlich als Angriff und nicht als eine liebenswerte Geste verstanden werden.
Nein, für das Schenken gibt es keine wirklichen Ratschläge. Ich bewundere Leute, die in dem Gebiet nur so vor Kreativität strotzen und immer eine Idee haben, ich bin das komplette Gegenteil davon.


Ein gutes Beispiel dafür ist der Geburtstag meiner Mutter. In Ermangelung einer besseren Idee betrat ich eine dieser Parfümerien, in der die Sauerstoffkonzentration in der Atemluft auf ein gefährlich niedriges Niveau gesunken war. Nun liegt meine Expertise auch nicht unbedingt in der Welt der Düfte, also ging ich zum nächstbesten Regal und probierte einfach ein paar der Exponate aus. Das Ergebnis meiner Auslese, welche im Grunde daraus bestand, einen Duft zu finden, der nicht meine Nasenschleimhaut auf eine aggressive Art attackiert, war schnell gefunden. Und das war schon eine wahre Höchstleistung für meine Verhältnisse. Ihr könnt euch also ungefähr vorstellen, mit welcher erbärmlichen Verzweiflung ich demnächst durch die Läden ziehen werde.


Als wäre die Suche allein nicht schon schlimm genug, es muss auch noch Mitmenschen geben, die zu dieser Jahreszeit ihre Bestform erreichen. Und nein, Bestform ist in diesem Fall nichts Positives. Als hätte man einen Taubenschlag geöffnet, rennen diese Verrückten durch die Einkaufspassagen dieser Republik. Überall sieht man die Gier in den ansonsten leblosen Augen dieser Weihnachtszombies, die ohne Rücksicht auf Verluste darauf drängen, ein Bruttojahresgehalt in nur ein paar Wochen auszugeben, um scheinbar allen Menschen, welche sie je kennengelernt haben, eine Freude zu machen, die sie dann für das kommende Jahr wieder konsequent ignorieren, ehe dieser Zyklus wieder von vorn beginnt.


In den Städten nimmt das weihnachtliche Schmücken derweil groteske Züge an. Den Beischlaf vollziehende Holzrentiere, Weihnachtsmänner, die so aussehen, als sollte man ihnen besser nicht sein Kind anvertrauen, da diesem sonst ganz besondere "Wünsche" erfüllt werden und sonstiger verstörender Schmuck quellen aus jeder Ecke davor. Dadurch entsteht der Eindruck einer bedrückenden Beengtheit, die von den Leuten als wohlige Nähe fehlinterpretiert wird, wenn sich wildfremde Menschen an ahnungslose Opfer anschmiegen, um ihnen mit einem wohlwollenden Lächeln im Gesicht das Portmonnaie zu entwenden.


Ist dann der Weihnachtsabend selbst gekommen, ist die Stunde der Wahrheit gekommen. Die zuvor verbreitete Wärme weicht einer angespannten Kälte. Werden die Geschenke ihre Wirkung erreichen? Oder wird wieder eine Familie entzweibrechen? Ach ja, das Fest der Liebe. Lächelt man auch nur den Bruchteil einer Sekunde zu spät über die großartigen Gaben, sieht man ein mordlüsternes Funkeln in den Augen seines Gegenübers.


Familien verfallen in ein künstliches freundliches Miteinander, nachdem man sich den ganzen Tag über angeschrien hat, jetzt endlich liebevoll miteinander umzugehen, Paare sitzen einander den Rücken zugewandt vor dem Kamin, da der jeweils andere die Abmachung, sich nichts zu schenken, doch tatsächlich eingehalten hat.


Ach ja, ist Weihnachten nicht toll? Der Wahnsinn der Menschheit, komprimiert in einer so kurzen Zeitspanne, es ist einfach wunderschön!

Hier noch der Link zu der neuen Heimat meines Blogs: https://derhilden.wordpress.com/


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