Ich bin zurück! Nach fünf Tagen in Madrid war mein erster Gedanke, wie ungewohnt heimisch man sich fühlt, wenn man die deutsche Sprache am Düsseldorfer Flughafen hört. Und wie überraschend es ist, dass man die Gelegenheit nicht genutzt hat, mich für immer loszuwerden. :D Und doch, es war wundervoll in der Hauptstadt Spaniens. Aber wenn ich verreise, hat das immer einiges an Unterhaltungspotential und das gilt es nun aufzubereiten.

Die Fahrt zum Flughafen war erstaunlich unbeschwerlich und auch die Sicherheitskontrolle hat keine größeren Probleme bereitet. Wahrscheinlich hielt man meine Person als solches nicht für gefährlich genug, um mir den Einlass ins Flugzeug zu verweigern.
Im Flugzeug saß ausgerechnet derjenige in meiner Reihe am Fenster, der so entsetzlich müde war, dass er die Rollade geschlossen hat, um zu schlafen. Also keinen letzten Blick auf diese wunderschöne Stadt am Rhein werfen, bevor es Richtung Westen geht. Dazu muss man sagen, es war eh sehr grau und verregnet, der Anblick hätte in mir also keine Begeisterungssürme ausgelöst.

In Madrid angekommen wurde mir meine größte Angst gleich genommen: Die madrilenische Metro ist genial! Ok, ohne Google Maps hätte ich nicht so schnell gewusst, welche Bahn ich nehmen muss und wo ich umsteigen muss, aber die Orientierung in den Stationen der Metro selbst zum gewünschten Ziel ist hervorragend. Hört ihr das, Rheinbahn? Man kann öffentlichen Personennahverkehr tatsächlich als “hervorragend” bezeichnen! Wollt ihr euch nicht auch mal daran orientieren?

Jedenfalls hörte ich dann die Ansage, die mich in den nächsten Tagen als Mantra durch diese Stadt führen sollte: “Próxima Estación:…”, gefolgt von einer Frauenstimme, die dann den Namen der folgenden Station ansagt. Manchmal gefolgt von weiteren spanischen Erklärungen, deren Inhalt mir verborgen blieb. Ich hatte manchmal die Sorge, dass irgendeine Störung angesagt wurde, die ich einfach überhöre. Zum Beispiel: “Nach dieser Haltestelle wird ihre Bahn in ein mehrere Hundert Meter tiefes Loch stürzen, wir bitten sie freundlichst, auszusteigen.” Aber diese Sorge blieb unbegründet, es verließ auch nie jemand panisch die Metro. Im Gegenteil, die Metro zu verlassen, scheint sehr unüblich zu sein, nach der Menge der Menschen in den Stationen und Zügen zu urteilen.

Dann erwartete mich das Hotel. Und die freundliche Dame an der Rezeption beherrschte glücklicherweise ein nahezu akzentfreies Englisch, worüber ich sehr erleichtert war. Meine englische Aussprache ist verbesserungswürdig, um das so auszudrücken, aber ich beherrsche die Sprache immerhin. Mein spanischer Wortschatz hingegen wird schon von dort heimischen Kindergartenkindern um ein Vielfaches übertroffen.
Schnell war dann auch das Einchecken erledigt und das Zimmer bezogen. Es war auch wirklich sehr ansprechend, auch das Bett hielt einer ersten Prüfung stand. Doch dann fiel mir auf, dass das Licht nicht funktioniert. Nirgendwo. Ich ging also wieder zur Rezeption und schilderte mein Problem. Daraufhin wurde ich mit einem Blick bedacht, als würde man mich fragen wollen, aus welcher Höhle ich denn hierher gekommen wäre. Ich musste die Schlüsselkarte in eine dazu passende Öffnung an einem Lichtschalter stecken und sofort wurde es im gesamten Zimmer taghell. Ich muss zugeben, sowas habe ich bisher in noch keinem Hotel erlebt, falls dies so üblich ist, bitte ich, diese Wissenslücke zu entschuldigen. Es hat aber tatsächlich seine Vorteile, so vergisst man nicht, das Licht auszuschalten und erspart dem Hotel Unsummen an Stromkosten. Ziemlich überlegt.

Bei der nun folgenden Erkundung der Stadt wurde mir bewusst, wie laut diese Stadt ist. Wirklich es herrscht eine absolute Dauerbeschallung durch laut sprechende Menschen (Spanier reden einfach generell lauter, das kann man genau so sagen), Verkehrslärm und andere Geräusche. Es war übrigens eine sehr kluge Entscheidung, diese Stadt per Metro zu durchqueren. Bei diesem Verkehr und dem Fahrstil der Einheimischen hätte ich die Reise entweder nicht überlebt oder hätte einen Nervenzusammenbruch erlitten. Und beide Möglichkeiten waren nicht sonderlich erstrebenswert.
Bei meiner Erkundungstour durch die Stadt und auch in den folgenden Tagen wurde ich mit einem Phänomen konfrontiert, dass ich mir immer noch nicht erklären kann: Ich sah dauernd die Gesichter von Leuten, die ich länger nicht mehr gesehen hatte. Bei genauerem Hinsehen war zwar immer noch eine Ähnlichkeit vorhanden, aber keine gravierende. Das hat mich jedes Mal wieder erschreckt, wenn ich auf einmal dachte, eine mir bekannte Person würde mir über den Weg laufen. Das hab ich in Deutschland in der Form noch nicht erlebt. Das schockierendste Erlebnis dieser Form war, als eine spanische Frau aussah wie ein ehemaliger männlicher Mitschüler… Da war ich kurz ziemlich perplex.

Am ersten Abend wurde ich auch das erste Mal mit der wirklich beeindruckenden Gastfreundschaft der Spanier konfrontiert. Da ich mich nicht im Touristenviertel ausnehmen lassen wollte, ging ich in Lokale, in denen die englische Sprache nicht unbedingt verbreitet war. Und somit stellte mich die Bestellung oft vor kleine Hindernisse. Mit einer englischen Grundgerüst, verfeinert mit einigen spanischen Worten lief aber auch das ziemlich reibungslos. Einmal ertappte ich mich dabei, wie ich den Kellner fragen wollte “Do you have a Gabel?”, was ich aber glücklicherweise bleiben ließ, da es nicht besonders erfolgsversprechend war. Das wäre so ein Satz gewesen, den ein Brite zum Anlass nehmen würde, sich über “bloody Germans” zu beschweren. Und dieser Ausdruck verfolgte mich nun in meinen Gedanken, wenn ich irgendwas machte, was mich als ahnungslosen Touristen abstempelte.

Ein nettes Detail: An größeren Kreuzungen erklingen zwitschernde Vögel, wenn die Fußgängerampel auf grün schaltet. Selbst eine grüne Ampel hat in dieser lauten Stadt offenbar keine Daseinsberechtigung, wenn sie keine Geräusche von sich gibt. Die hat sie aber auch mit diesen akustischen Signalen nicht, da die meisten Menschen die Straße eh überqueren, wenn es ihnen gerade passt. Das kann auch mal dann sein, wenn gerade ein Fahrzeug auf die Kreuzung zufährt und plötzlich scharf bremsen muss. Ein weiterer Grund, dort nicht mit dem Auto zu fahren.

Die Unruhe setzt sich auch in der Nacht fort, vor allem am frühen Morgen. Irgendwas hat mich immer aus dem Schlaf geholt. Laut sprechende oder schreiende Gäste, die sich dazu noch lautstark durch die Flure bewegen, sich beschwerende Putzfrauen, irgendwas war immer. Manchmal fragt ich mich, ob das eine Art Wettbewerb ist, alles, was man tut, so laut wie möglich zu absolvieren. Einmal war es gegen 2 Uhr morgens, als einem Gast die grandiose Idee kam, seine Zimmertür aufzuschließen (von einem lauten Piepsen begleitet, wie könnte es anders sein) und wieder zu schließen. Mehrmals hintereinander. Mehrere Minuten lang. Ich war mir nicht sicher, ob man das als Aufforderung sehen kann, ihm den Schädel zu spalten, diese Interpretation erschien mir mit der Zeit aber immer einleuchtender. Es kam aber doch nicht dazu, da diese Ruhestörung irgendwann doch wieder beendet wurde.

Nachdem ich vom Geschreie der Putzfrauen geweckt wurde, die Dusche das erste Mal zu meiner Zufriedenheit benutzen konnte, ging es zum Frühstücksbuffet. Zum Beweis, das man auch das Frühstück bezahlt hatte, musste man seine Zimmernummer nennen und das war mein erster stolzer Moment des Tages, als ich die fehlerfrei auf Spanisch vortragen konnte und sofort verstanden wurde. Der Tag konnte nur gut werden.
Ein kurz schweifender Blick durch den Saal ließ mich erkennen, dass auch Russen anwesend waren. Die erkennt man auch dann, wenn sie still sind (was selten genug der Fall ist), sie häufen das Essen nämlich so hoch auf ihren Tellern, wie man es eigentlich nicht für physikalisch möglich gehalten hätte. Anscheinend geht da die Angst um, dass man alles probieren muss, ehe sich andere Gäste wie die Geier darauf stürzen und die Ressourcen für immer verbraucht sind. Deutsche und Briten erkennt man auch sofort, diese lassen sich aber nicht immer so leicht unterscheiden. Beide pflegen einen sehr mürrischen Blick. Ganz so, als würden sie hier ihre Henkersmahlzeit zu sich nehmen.

Und dann war es endlich soweit: Ich besuchte ein Heimspiel von Real Madrid! Das Ligaspiel gegen Athletic Bilbao konnte ich tatsächlich von einem sehr guten Platz im Estadio Santiago Bernabéu beobachten. Die 90 Minuten vergingen wie im Flug, ich glaube, ich saß die gesamte Zeit mit offenem Mund dort. Ich bekomme bei dem Gedanken daran jetzt noch eine Gänsehaut! Für jeden Fußballbegeisterten ist dieses Stadion ein wahrer Tempel!
Aber obwohl ich so gefesselt vom Spiel war, fiel mir auf, dass in meinem Block überdurchschnittlich viele Männer älteren Semesters saßen. Und diese in keinster Weise entspannt. Bei jeder schlechten Aktion wird laut geflucht oder der Schiedsrichter aufs Übelste beleidigt, zumindest hörte es sich so an. Ich glaube, ich kann ganz froh sein, dass ich nicht verstanden habe, was diese Menschen da gerufen haben. Und auch hier zeigte sich wieder das Phänomen der Ungeduld: Ab zehn Minuten vor Spielende verließen Massen von Zuschauern das Stadion. Obwohl es 4:1, bzw. später 4:2 für Real Madrid stand. Aber wir wurde gesagt, dass das hier so üblich ist, es lag also auch nicht an mir.

Auf dem Rückweg konnte man die Metro erstmal vergessen, da sich schon vor dem Eingang der Haltestelle eine enorme Schlange bildete und der Fußweg durch die unterirdische Station dementsprechend wahrscheinlich mehrere Stunden gedauert hätte. Also hieß es erstmal, einen Teil des Weges zu Fuß zurückzulegen. Diesen Plan hatten auch viele andere Menschen, wodurch die Straßen in dieser engen Stadt auch komplett ausgefüllt waren.

Nach einiger Zeit wagte ich es dann, in die Metro einzusteigen. Und ja, sie war voll. Extrem voll. Es waren keine Zustände wie in Japan, wo man die Menschen in die eigentlich vollen Züge pressen muss, aber dennoch unangenehm. Scheinbar störte ausgerechnet meine Anwesenheit in dieser Menschenmasse einen Mann so sehr, dass er eine Minute lang ohne Pause auf mich eingeredet hab. Ich gab ihm zu verstehen, dass das verschwendete Atemluft ist (was sich in dieser Situation tatsächlich noch hätte rächen können, wenn ich mir die Menschenmenge pro Quadratmeter nochmal vor Augen führen), was ihn aber nicht dazu bewog, seinen Vortrag einzustellen. Irgendwann fehlte ihm aber wohl doch die Reaktion oder er war einfach fertig und die Sprachflut ebbte ab.

Am dritten Tag war Valentinstag und auch diesen Brauch pflegt man in Spanien. Zumindest sah ich am Morgen mehrere gestresste Männer mit Rosen durch die Stadt laufen und noch gestresstere Männer ohne Rosen durch die Stadt laufen.

Beim Frühstück verlangte es mir nach einer deutschen Tageszeitung, da ich mich so uninformiert fühlte. Ich dachte kurzzeitig, dass es doch bestimmt eine Bildzeitung irgendwo zu kaufen gäbe, verwarf diesen Gedanken aber sofort wieder. Eine spanische Zeitung, die ich nicht verstehe, hätte immer noch mehr Informationsgehalt zu bieten als die Bildzeitung.
Um diesen schockierenden Gedanken der Bildzeitung zu verdrängen, besuchte ich das Museo del Prado, eines der bekanntesten Kunstmuseen Europas. Und ja, die Bilder waren handwerklich wirklich beeindruckend anzusehen. Aber, nennt mich ruhig einen Banausen, die wirkliche Begeisterung kam dabei nicht auf. Ist einfach nicht meins, diese Kunst. Um nicht aufzufallen, imitierte ich das Verhalten der anderen Besucher und betrachtete die Bilder sekundenlang mit nachdenklicher Miene.
Irgendwann musste ich die sanitären Einrichtungen besuchen, um die Kunstwerke nicht im Zuge eines Unfalls irreparabel zu beschmutzen, doch das stellte in diesem riesigen Gebäude als eine Herausforderung da. Also ging ich zielstrebig auf einen professionell wirkenden Mann zu, der hinter einer Art Infoschalter stand. Dieser antwortete mir auch in ausgesprochen guten Englisch, schien aber etwas verwirrt ob meiner Frage. Und dann wurde mir auch klar, wieso. Der Mann war nämlich ein einfacher Besucher, der sich die Waren im Museumsshop ansah. Bloody Germans.

Im weiteren Verlauf des Tages kam mir der Gedanke, in was für einer wunderbar lächerlichen Weise man den Ausdruck “Das kommt mir Spanisch vor” in diesem Land gebrauchen kann. Selbst jetzt kann ich mich noch darüber amüsieren.

Die Nacht wurde wieder einmal unterbrochen vom ungezügelten Geschrei anderer Gäste. Die Lautstärke des Geschreis machte es mir schon schwer, die Sprache zu erkennen. Wenn es sich denn überhaupt um eine bekannte Sprache handelte.

Die Stadtrundfahrt am nächsten Tag führte mir vor Augen, wie wunderschön Madrid ist. Wirklich, es gibt kaum einen Ort im Zentrum, der nicht mit mehreren historischen Gebäuden auffährt, die man einfach nur anschauen muss. Wirklich beeindruckend.

Und dann war auch schon der Tag des Abschieds gekommen. Der madrilenische Flughafen ist glücklicherweise auch sehr übersichtlich und bietet auch unfähigen Touristen die Möglichkeit, ohne Nervenzusammenbruch in ihre Heimat zurückzukehren. Nur vereinzelte Mitarbeiter wollen das offenbar verhindern. Nachdem ich die Gebühr für das Gepäck bezahlt hatte, sollte ich zur Dame am Check-In Schalter zurückkehren. Daraufhin hielt mich ein anderer Mitarbeiter von Iberia auf und redete auf Spanisch auf mich ein. Ihn davon zu überzeugen, zur englischen Sprache zu wechseln, stellten sich als zwecklos heraus. Irgendwann ließ er dann aber doch davon ab, nachdem ich schon fürchtete nur mit Hilfe des Auswärtigen Amtes nach Deutschland zurückzukehren.

Im Flugzeug wurde mir wieder vor Augen geführt, wie schrecklich wenig Platz man in der Economy Class hat. Klar, die Airlines müssen da hart kalkulieren, um Gewinne zu erzielen, trotzdem fühlte ich mich an Hennen in Legebatterien erinnert. Nur im Gegensatz zu diesen bemitleidenswerten Wesen konnte ich diesen Ort nach zwei Stunden wieder verlassen. Und ich spürte meine Beine tatsächlich noch, was sich als Erfolg verbuchen lässt.

Falls jemand von euch Madrid noch nicht besucht hat, tut es! Es lohnt sich wirklich, diese Stadt hat so viel zu bieten. Wunderschöne Orte, herzliche Menschen, tolles Essen. Ich würde jederzeit wieder zurückkehren. Aber dann mit besseren Spanischkenntnisssen.

Seht diesen Beitrag auch als Entschuldigung für den fehlenden astrologischen Wochenstart, aber ich war leider verhindert. Ab nächster Woche wird auch diese Serie fortgesetzt.

Bis zum nächsten Mal!

Hier noch der Link zu der neuen Heimat meines Blogs: https://derhilden.wordpress.com/


Permalink  | 0 Kommentare  | kommentieren

Theme Design by Jai Nischal Verma, adapted for Antville by ichichich.